Biografie von Christa Eißer 30.04.2020
Christa Charlotte Eißer, geborene Neils, wurde am 19.05.1936 in Rathenow, Berliner Straße 8 (heute Buchhandlung Tieke) geboren. Am 05.07.1936 wurde Christa Eißer von Pfarrer Hubert Feist in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche getauft. Ihr Vater Oskar Otto Waldemar Neils war Steinmetzmeister. Ihre Mutter Gertrud Marie Elsa Neils, geborene Gärtner, war Putzmacherin. Am 18.04.1944 wurde die Wohnung der Familie Neils ausgebombt. Die Werkstatt im ehemaligen Betrieb des Vaters, Rathenow, Friedhofsweg 4, wurde zur Wohnung umgebaut und die Familie lebte vorübergehnd dort, bis am 28.04.1945 diese Wohnung auch durch den russischen Angriff zerstört wurde. Die Familie wohnte dann in der Fabrikenstraße 10 (heute Wilhelm-Külz-Str. 10), bis der Vater 1954 das Einfamilienhaus am Friedhofsweg 3 baute. Christa Eißer besuchte die 1.- 3. Klasse in der Neuen Schule in Rathenow (Weinbergschule) und musste mit allen Mitschülern und Mitschülerinnen die dritte Klasse in der Geschwister-Scholl-Schule wiederholen, weil durch den Krieg so viel Unterricht ausgefallen war. Hier absolvierte sie die 8. Klasse. Die Reifeprüfung (Abitur) wurde ihr in der DDR (Deutschen Demokratischen Republik) versagt, weil ihr Vater selbstständiger Handwerksmeister war. Am 22.04.1951 wurde sie in der Lutherkirche in Rathenow durch den Superintendenten im Ruhestand Georg Heimerdinger konfirmiert. Ihr Konfirmationsspruch lautete: Nun aber bleibet Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei, aber die Liebe ist die grösste unter ihnen (1. Korinther 13,13).
Konfirmationsurkunde
Von 1951- 1954 begann sie bei ihrem Vater und in Sundhausen bei Gotha ein Lehre als Steinmetz. Sie war das einzige Mädchen in diesem Bereich. Nachdem sie die Lehre erfolgreich abgeschlossen hatte, arbeitete sie als Steinmetzin von 1954 -1955 bei der Firma Stuck- und Naturstein (Stuna) in Berlin. 1955 kehrte sie in den väterlichen Betrieb nach Rathenow zurück und begann im Winterhalbjahr von 1955 -1957 eine Ausbildung an der Meisterschule für Kunsthandwerk in Berlin (West). Am 18.12.1957 legte sie die Meisterprüfung ab. Ihr Meisterstück war der Schlussstein an der Marienkapelle.
Meisterstück von Christa Eißer
Schlusstein an der Marienkapelle
(18.12.1957)
Meisterbrief von Christa Eißer
Am 09.09.1959 heiratete sie den Bauingenieur Rudolf Edmund Ernst Eißer. Christa und Rudolf Eißer war das erste Paar, das nach dem Wiederaufbau des Kirchenschiffes in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche getraut wurde. Der Superintendent im Ruhestand Georg Heimerdinger nahm die Trauung vor und überreichte eine Traubibel mit dem Trauspruch: Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei, aber die Liebe ist die größte unter ihnen (1. Korinther 13,13).
Christa und Rudolf Eißer
Der Taufstein, der Altar, die Sandsteinstufen zum Altar und zum Chorraum und der Fuß und die Stufen zur Kanzel in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche wurden im Steinmetzbetrieb Oskar Neils angefertigt. Das Geländer der Kanzel wurde von der Firma Stilcke gefertigt und von Christa Eißer vergoldet.
Eintrag in die Traubibel des Ehepaares Eißer
durch Superintendent i.R. Georg Heimerdinger
Am 29.01.1962 wurde dem Ehepaar der Sohn Christian und am 26.09.1971 der Sohn Rolf geboren. Der väterliche Betrieb wurde am 01.01.1974 an die Tochter übergeben. 1980 -1990 war Christa Eißer stellvertretende Obermeisterin der Berufsgruppe der Steinmetze des Bezirkes Potsdam. Beide Söhne traten beruflich das mütterliche Erbe an. An 01.09.1978 begann Christian Eißer in Dresden beim VEB (Volkseigenen Betrieb) Elbenaturstein die Steinmetzlehre. Damals wurde die Semperoper gebaut. Das war eine interessante Aufgabe auch für die Lehrlinge. Nach dem Abschluss der Lehre arbeitete er für den gleichen Betrieb am Berliner Dom. Er besuchte dann die Meisterschule in Demitz-Thumitz und legte am 07.10.1985 seine Meisterprüfung ab. Sein Meisterstück war der Taufstein in der Lutherkirche in Rathenow.
Am 01.09.1987 begann Rolf Eißer ebenfalls in Dresden beim VEB (Volkseigenen Betrieb) Elbenaturstein die Steinmetzlehre. In dieser Zeit wurden Arbeiten an den Brühlschen Terrassen, dem Johanneum (Verkehrsmuseum in Dresden) und nach der Lehre Arbeiten beim Wiederaufbau des Dresdener Schlosses, am Schloss Amalienborg in Kopenhagen und in Italien durchgeführt, bei denen er mitwirkte. Er besuchte dann die Meisterschule in Königslutter und legte am 19.02.1998 seine Meisterprüfung ab. Seine Meisterstücke waren Teile des Kranzgesimses für die Frauenkirche in Dresden.
Am 01.04.1997 übergab Christa Eißer den Betrieb an ihre Söhne. Der Betrieb nennt sich nun.
Neils/Stein
Inhaber Gebrüder Eißer GbR
(Gesellschaft bürgerlichen Rechts)
Steinmetzmeister
Mitglied der Steinmetzinnung Brandenburg
14712 Rathenow- Heidefeld, Milower Landstraße 14 a,
Tel.: 03385-515770
14712 Rathenow, Friedhofsweg 4, Tel.:03385-547010
Christa Eißer und Rudolf Eißer im Garten ihres Hauses
Zur Landesgartenschau in Rathenow im Jahre 2006 hat sie neben dem Torhaus eine Ausstellung von alten Grabdenkmalen eröffnet, die einen guten Einblick in die Stadtgeschichte gibt.
Kunststein mit Glasplatte
Goldarbeiter nannte man die Arbeiter in der
Optik, die Brillenfassungen aus Gold herstellten
Hornarbeiter nannte man die Arbeiter in der Optik,
die Brillenfassungen aus dem Hornpanzer der Karettschildkröte
(Schildpatt) herstellten
Gusseisernes Kreuz
Schmiedeeiserne Grabumzäunung
restauriert von der Firma Stilcke
Christa Eißer ist zwar offiziell im Ruhestand, aber sie ist doch noch häufig im Steinmetzbetrieb anzutreffen. Ihre besondere Zuwendung gilt ihren beiden Hunden einem Airdale-Terrier und einem Welsch-Terrier, mit denen sie ausgedehnte Spaziergänge unternimmt. Ihre zweite Leidenschaft ist das Rudern. Sie ist Frauenruderwart im Rathenower Ruderklub Wiking.
Am 10.02.1997 trat sie dem Förderkreis zum Wiederaufbau der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow e.V. bei, weil sie ihr Leben lang am Wiederaufbau dieser Kirche mitgewirkt hatte, in ihr getauft und getraut worden war und nun neue Möglichkeiten des Wiederaufbaus sichtbar wurden. Als 1999 der Wiederaufbau des Turms der Sankt-Marien-Andreas-Kirche begann, war die Firma "Neils-Stein GbR" für die Sanierung des Kranzgesimses am Turmstumpf und für die Herstellung des Kranzgesimses aus rotem Sandstein für den neu erbauten Turmteil im Jahr 2001 verantwortlich. 2009 konnten Christa und Rudolf Eißer noch das seltene Festder Goldenen Hochzeit in Rathenow feiern.
Christa und Rudolf Eißer
Goldene Hochzeit
Am 13.06.2016 verstarb ihr Mann Rudolf Eißer (*01.09.1930 - † 13.06.2016) nach kurzer schwerer Krankheit.
Christa Eißer war viele Jahre Mitglied im Gemeindekirchenrat und im Friedhofsausschuss. Sie hat die von dem Friedhofsinspektor, Ernst Weinhold, begonnen Friedhofschronik fortgesetzt und macht regelmäßig interessante Führungen über den Friedhof in Rathenow. Die Friedhofsführungen dauern etwa 2 1/2 Stunden und erfreuen sich regen Zuspruchs. Sie ist Mitglied im Verein Memento e.V.
© Copyright : Dr. Heinz-Walter Knackmuß (30.04.2020)